Die Zucht von Cyphotilapia

Züchten ist mehr, als blosses Vermehren

Am Anfang jeder Fischzucht steht die Verantwortung des Züchters gegenüber dem Individuum und gegenüber den Aquarianerinnen und den Aquarianern, welche dereinst die Nachzuchten übernehmen werden. Normalerweise kann man ja aus Platzgründen nicht alle Jungen selber behalten – bei Cyphotilapia schon gar nicht. Verantwortung heisst in diesem Falle, dass man nur gesunde, rassenreine und wohlgeformte Tiere für die Zucht verwendet. Auf Kreuzungen unter verschiedenen Varianten ist unbedingt zu verzichten. Verfügt man also über Tiere, die den geschilderten Ansprüchen genügen und sind diese geschlechtsreif, kann man einen Zuchtversuch ins Auge fassen. Durchschnittlich erreichen die Arten von Cyphotilapia die Geschlechtsreife mit zirka zwei bis drei Jahren. Das hängt natürlich auch etwas von der Pflegequalität ab, bei der die Fische herangewachsen sind. Cyphotilapias, die unter sehr guten Bedingungen und mit sehr abwechslungsreicher Fütterung aufwachsen, können durchaus schon früher geschlechtsreif sein.

Die Geschlechtsreife verändert die Verhältnisse in der Gruppe

Entschliesst man sich Cyphotilapia-Arten zur Zucht anzusetzen, oder entschliessen sich die Fische von sich aus sich zu vermehren, ist man als Pflegerin oder Pfleger gefordert, die richtigen Vorkehrungen zu treffen. Eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass Fische überhaupt in Laichstimmung kommen, sind einwandfreie Haltungsbedingungen für die Tiere. Damit ist nicht nur die hygienische Bedingung gemeint, sondern auch eine artgerechte und ausgewogene Ernährung. „Anfüttern“ nennt man das gezielte Ernähren, das die Fische in Brutstimmung versetzt und bei den Weibchen zum Laichansatz führt. Lebendfutter aller Art, Frostfutter (schwarze Mückenlarven) oder der Garnelenmix sind dafür prädestiniert. Aber auch die Wasserwerte müssen natürlich stimmen. Oft wirkt sich die Erhöhung der Kadenz des Wasserwechsels und die Anpassung der Wassertemperatur auf 26? Celsius stimulierend auf das Brutgeschäft aus. Betreibt man das Aquarium ohnehin schon bei 26? Celsius, kann eine vorübergehende Temperaturabsenkung Wunder wirken.


Zu viele Männchen machen die Sache schwierig
Ein Männchen und drei Weibchen. So lautet zumeist die Empfehlung für die Zusammensetzung einer Cyphotilapiazuchtgruppe. Eine Empfehlung, die nicht immer so leicht zu befolgen ist (Geschlechtsbestimmung siehe unter "Die Gattung"). Bei professionellen oder halbprofessionellen Züchtern mag dies einigermassen einfach umzusetzen sein – da stehen genügend grosse Aquarien zur Verfügung, um die Fische jederzeit neu zu gruppieren.

Was aber macht man als Otto-Normal-Aquarianer?
Einmalmehr ist es die Grösse unserer Fische, die Probleme macht.
Für klein bleibende Arten lässt sich allemal eine Ecke finden,
in der ein kleines Aquarium verstaut werden kann,
und sei es nur vorübergehend. Wenn wir aber Becken mit mehr
als einem Meter Kantenlänge für unsere Cyphotilapia aufstellen müssen,
ist dies ungleich problematischer.
Dennoch braucht niemand auf die Nachzucht von
C. frontosa oder C. gibberosa zu verzichten.
Die Zucht kann auch im guten alten Stubenbecken gelingen.
Allerdings wird man dort die Nachzucht aus Platzgründen
nicht grossziehen können. Und es braucht etwas Geschick
beim Einrichten des Beckens. Aber schön der Reihe nach:
Im Gesellschaftsbecken sind normalerweise mehre Cyphotilapias zusammen.
Wenn die Tiere nun die Geschlechtsreife erlangen,
und es der Zufall will, dass wir einen markanten Überhang an Männchen haben,
kann es zu bösen „Schlägereien“ kommen.
Diese Auseinandersetzungen können für schwächere Tiere gar tödlich enden.
Wie gefährlich die Situation wird,
hängt von der Grösse des Aquariums genau so ab, wie von der Anzahl

Streiten sich mehrere Männchen um ein Weibchen,
kann es recht ruppig zu und her gehen.
Mit gesenktem Kiemenboden geht
das Männchen links auf seinen Rivalen los.

und der Zusammensetzung der Gesellschaft. Mehr Tiere in grossen Becken sind in diesem Fall oft besser, weil sich die Aggressionen auf viele Individuen verteilen und mehr Fluchtmöglichkeiten gegeben sind. In besonders engen Verhältnissen und ungünstiger Geschlechterverteilung kann man Ausfälle nur Verhindern, indem man die Ästhetik des Beckens für einmal vergisst, und die Einrichtung ausschliesslich nach praktischen Gesichtspunkten umgestaltet. Gemeint ist, dass die Einrichtung so verändert werden muss, dass sie für alle Tiere geschützte Unterschlüpfe bietet. Es braucht sehr viel Fingerspitzengefühl, Steine so anzuordnen, dass das grösste und damit zumeist aggressivste Männchen, seine kleineren Geschlechtsgenossen nur schlecht verfolgen kann. Durchgänge und Höhlen werden dabei exakt so eng gestaltet, dass die kleineren Tiere ohne Probleme durchschlüpfen können, während grosse Tiere diese künstlichen Engpässe nur mit Mühe passieren können. Dies verschafft den Verfolgten immer wieder genügend Vorsprung, um sich in ein Versteck zu begeben. Von diesen, den Verstecken, brauchen wir übrigens mehr, als dass Tiere im Aquarium leben. So bleibt immer ein freier Unterschlupf. Eine Garantie, dass dank dieser Vorkehrungen keine Ausfälle zu beklagen sein werden, gibt es indessen nicht. Kommt jedoch ein Tier trotz dieser Massnahmen über Gebühr unter die Räder, wird man dieses herausfangen müssen und es anders unterbringen. Hat man selber keinen Platz in einem geeigneten Becken, kann man das Tier vielleicht vorübergehend bei Freunden in Pension geben oder man muss es verkaufen – immer noch besser, als wenn es Opfer der Kämpfe um das Recht der Fortpflanzung würde. Hilfreich kann hier Guido's Frontosa-Börse sein.


Die Balz - kein spektakuläres Schauspiel

Hat man die Aggressionen einmal im Griff, kann die Balz beginnen. Das dominante Männchen wird weiterhin keinen Nebenbuhler dulden. Einigermassen Ruhe kehrt erst ein, wenn die überschüssigen Männchen kapituliert haben und ausser Sichtweite des Bosses bleiben. Wenn dann das, oder die Weibchen, Laichbereitschaft signalisieren, kommt die Balz langsam in Gange. Dabei macht das Cyphotilapiamännchen keine grosse Show. Einzig die Blaufärbung ändert sich während der Balz. Anders als man annehmen könnte, verblast sie - oft sehen die Freier richtig bleich aus. Man könnte annehmen, dass das Balzverhalten bei so grossen Fischen spektakulär anzuschauen sei. Doch weit gefehlt: Cyphotilapia-Arten verhalten sich in der Balz wie sie es auch in anderen Lebenssituationen tun. „Immer mit der Ruhe“, scheint die Devise in allen Lebenslagen zu sein. Ein eher mickriges Rütteln zeigt das Männchen, ähnlich dem anderer Cichliden, nur eben viel bescheidener. Oft ist es bloss ein Zucken mit der Rückenflosse. Was soll’s? Den Frontosadamen scheint die etwas müde Vorstellung zu genügen und mehr braucht es ja eigentlich nicht. Auch so wird das Werben vom Weibchen irgendwann erhört. Wenn es soweit ist, führt das Männchen seine Auserwählte zu einer flachen Grube im Bodengrund, die er in den Tagen zuvor ausgehoben hatte. Oft ist es auch das Weibchen, das eine Grube vorbereitet und so seine Laichbereitschaft signalisiert. Für das Anlegen der Grube braucht es einen freien Platz, der etwa einen Durchmesser von 30 Zentimetern haben sollte. In dieser Grube findet schliesslich das eigentliche Laichen statt. Ich konnte allerdings schon beobachten, dass sich die Tiere auch mit wesentlich engeren Platzverhältnissen zufrieden geben.


Junge Weibchen fressen oft die ersten Gelege

Die Eier werden vom Weibchen in die Grube gelegt und vom Männchen sogleich befruchtet. Dies wiederholt sich einige Male. Legen, befruchten, legen, befruchten. . . Zwischendurch nimmt das Weibchen die befruchteten Eier ins Maul. Bei jungen Weibchen kommt es oft vor, dass sie die ersten Gelege als Futter betrachten und es in ihrem Rachen verschwinden lassen. Die Erfahrung zeigt, dass dies meistens kein Problem darstellt. Oft braucht eine Tier zwei, drei Anläufe bis die erste Brut das Licht der Welt erblickt. Die Brut hat eine recht lange Inkubationszeit (Entwicklungszeit). Vier bis sechs Wochen muss das Weibchen die Jungmannschaft im Mund behalten. Die genaue "Tragezeit" ist abhängig von den Bedingungen im Becken - beispielsweise der Wassertemperatur und wie es scheint von der Grösse des Geleges. Normalerweise nehmen angehende Cyphotilapiamütter während dieser Zeit kein Futter zu sich. Doch kann man beobachten, dass Weibchen, trotz Jungen im Maul, fressen ohne dass die Brut Schaden nimmt. Je nach Grösse der Eltern und deren Kondition, können die Nachkommen recht zahlreich sein – zwischen 15 und 50 Jungfische (selten mehr).


Die Aufzucht ist einfach zu bewerkstelligen

Zum Zeitpunkt, an dem die Jungfische aus dem Maul der Mutter entlassen werden, sind sie schon ziemlich gross und recht selbstständig. Das macht die Aufzucht einfach. Junge Frontosas gehen denn auch problemlos an geeignetes Futter. Als Futter kommt eigentlich alles in Frage, was nicht zu gross ist. Lebende Artemia, Aufzuchttrockenfutter, fein gehaktes gefrorenes, wie Mückenlarven, Krill oder Mysis und auch der Garnelenmix. Wie alle Jungfische, sollten auch die Jungcyphotilapias in der ersten Zeit buchstäblich im Futter stehen. Die Fischchen entwickeln sich in den ersten Tagen sehr schnell und haben dadurch einen grossen Energiebedarf. Es muss also immer genügend Futter vorhanden sein, soll die Brut zu gesunden Tieren heranwachsen. Ich füttere Jungbrut in den ersten Tagen nach Möglichkeit bis zu zehn Mal täglich. Allerdings jedes Mal nur so viel Futter, wie in kurzer Zeit verputzt wird. Schäden an den Jungfischen in Folge von Futtermangel, lassen sich später nicht mehr korrigieren. Ein Indikator für solche Schäden ist etwa das Grössenverhältnis zwischen Auge und Körper. Mussten die die Kleinen Hunger leiden, ist das Auge im Vergleich zum Körper zu gross. Wachsen die Jungen zusammen mit ihren Eltern und den übrigen Fischen im Becken auf, muss man damit rechnen, dass der eine oder andere Jungfisch Opfer der lieben Verwandtschaft wird.


So kann die Anzahl Jungfische optimiert werden

Will man möglichst viele Jungfische durchbringen, empfiehlt es sich die Mutter samt ihrem vollen Maul heraus zu fangen und in ein Aufzuchtbecken zu überführen. Am besten geht das, wenn man die Mutter zirka drei Wochen nach dem Laichen in der Nacht im Schlaf überrascht. Dafür merkt man sich am Abend wo das Muttertier seinen Schlafplatz hat. Zirka zwei Stunden nach dem Lichterlöschen und nachdem im ganzen Hause Nachtruhe eingekehrt ist, begibt man sich im Dunkeln und ausgerüstet mit einer Taschenlampe und einem Kescher zum Aquarium. Dann muss alles schnell gehen. Taschenlampe an, Kescher rein, Muttertier raus und sofort in einen Behälter mit Aquarienwasser geben. Das so überrumpelte Tier erwacht oft gar nicht richtig, wenn es sofort wieder in Wasser kommt und das Licht nicht unnötig lange brennt. Der Behälter mit dem Wasser ist auch deshalb wichtig, weil schreckhafte Tiere die Jungen in der Hitze des Gefechtes aus dem Mund entlassen könnten. In diesem Falle sind die Jungtiere in einem Behälter bestens aufgehoben. Zum Schluss kommt das Muttertier in ein Aufzuchtbecken, das mit Vorteil spärlich eingerichtet wird. Es braucht ein Versteck für die Mutter, in das sie sich zurückziehen kann. Zwei, drei Steine zu einer Höhle zusammengestellt reichen völlig. Das Becken braucht nicht einmal einen Bodengrund in Form von Sand oder Kies zu haben. Im Gegenteil: Bei zahlenmässig grossen Bruten, ist es so einfacher die hygienischen Bedingungen optimal aufrecht zu erhalten. Bringt man keinen Bodengrund ein, sollte man aber den Boden des Aufzuchtaquariums auf der Aussenseite schwarz lackieren. Dies muss natürlich geschehen, bevor das Becken aufgestellt wird. Unterlässt man diese Massnahme, spiegeln sich die Tiere dauernd im Bodenglas, was für die Fische unangenehm ist und zu eigenartigem Schwimmverhalten führen kann.